Tschechische Bahnhöfe und andere Abenteuer

-        Der Blutharsch und Les Joyeaux de la Princesse am 29.12.2000 in Hradec Kralove

 

Ein kleines Abenteuer war es in der Tat: in aller Frühe spontan im Zug sitzen, nach etwa zehn Stunden Fahrt durch mitunter düstere Gefilde, die einen gleich ein paar Jahrzehnte in die Geschichte zurück zu versetzen schienen und damit Zweifel an der eigentlich ungeplanten Aktion hervor riefen: fahren wir überhaupt in die richtige Stadt und wird dort auch besagtes Konzert stattfinden?  Die Zweifel wollten nur schwerlich weichen. Der vermeintliche Club „El Diablo“ kündete von diversen Hip Hop- Spektakeln und nur die Tatsache, zeitgleich mit Albin Julius dort einzutreffen, sagte uns, dass wir hier irgendwie richtig  sind. Einige Stunden später inmitten vieler ungewöhnlicher Menschen und zur Abwechslung wenig vertrauten Gesichtern, ging es los. Allein der Bühnenaufbau ließ hohe Erwartungen aufkommen: Videoleinwand, Grammophon und im Hintergrund leuchtete der Croix- de- Bois- Totenkopf. Spätestens als Albin und Gefährtin uniformiert auf der Bühne standen, war für uns die Frage geklärt, weshalb ein derartiges Konzert nicht in Deutschland hätte stattfinden können. Das zum Großteil tschechische Publikum nahm es allerdings gelassen, auch dass Gott England strafe. Der Blutharsch spielte vier Lieder, also ein kurzes unangekündigtes Konzert; das Ganze war aber doch eine gelungene Vorbereitung auf den Meister aus Frankreich .Bei LJDLP konnte man verschiedenen visuellen Reizen folgen: auf der Leinwand lief der Film „Croix de bois“, Erik pendelte zwischen seinen Instrumenten und dem Grammophon, das erst für eine wirklich einzigartige Atmosphäre sorgte und dessen Bedienung spannend zu beobachten ist, im Hintergrund agierte ein Trommler mit Gasmaske und als Finale ging das Crois- de- Bois: Croix- de- Feu in Flammen auf. Der Auftritt bot das gewohnt Sphärische mit der mitreißenden Tiefe und die Schellackpassagen rundeten dies sehr gelungen ab. Zu diesem Zeitpunkt waren die Gedanken an Zugfahrt jedenfalls längst ausgemerzt; in Wohlgefallen badend lauschten wir noch der Salonmusik aus den 30ern, die per Cd die Stimmung aufrecht hielt. Für uns ein gelungener Abend kurz vor dem offiziellen Jahreswechsel, aber dennoch: tschechische Bahnhöfe im Winter und deren sonderbares Personal sind nicht wirklich zu empfehlen.

  Text: Cato Beek

Photos: Carsten Stiller                         

                                          "Der Blutharsch"                                                      "L.J.D.L.P."